Kultur & WissenschaftLübeck Lupe

Schiller-Abend mit Andreas von Steegen

Friedrich_Schiller_by_Ludovike_Simanowiz1Text: Lutz Gallinat, Foto: www.wikipedia.org by Ludovike_Simanowiz · Schiller-Abend mit Andreas von Steegen im Museum Bad Schwartau · Es war eine anspruchsvolle und abwechslungsreiche Soiree. Unter dem Motto „Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst“ gestaltete der in Bad Schwartau lebende Schauspieler Andreas von Steegen (74) am 28.September 2018  im Museum der Bad Schwartau einen Abend mit Friedrich Schiller. Bei diesem literarisch-musikalischen Abend handelte es sich um das 31.Programm von Steegens.

Der deutsche Dichter Friedrich von Schiller, 1802 geadelt, wurde am 10.11. 1759 in Marbach geboren und starb am 9.5.1805 in Weimar. Der Sohn eines Wundarztes und Offiziers wuchs in Marbach und Lorch auf. Seine Jugend wurde durch den schwäbischen Pietismus des Elternhauses und die Despotie des würtembergischen Absolutismus geprägt.Die Ludwigsburger Lateinschule musste er nach knapp sechs Jahren 1773 auf Befehl des Herzogs Karl Eugen verlassen, um auf der Militärschule, der späteren Hohen Karlsschule, zu studieren , zunächst Jura, später Medizin. Nach Abschluss des Studiums wurde er Regimentsmedikus in Stuttgart (1780). Dem Zwang der militärischen Subordination  entzog sich Schiller durch seine Flucht  über Mannheim  und Frankfurt/M nach Bauerbach bei Meiningen. Der erfolgreiche Dichter der „Räuber“, UA: Mannheim, 1782, wollte als „Weltbürger“ schreiben, der keinem Fürsten dient“. Den Brotberuf des Militärarztes vertauschte er mit dem eines freien Schriftstellers , wodurch er zwar freier, aber zugleich ärmer wurde. Als sein Vertrag am Nationaltheater in Mannheim, wo er 1783/84 Theaterdichter war- Zusammenarbeit mit A.W.Iffland-, nicht verlängert wurde, Schulden, Not und Krankheit ihn niederdrückten, nahm er 1785 eine Einladung ihm unbekannter Verehrer nach Dresden an.  Dort genoss er zwei Jahre die Gastfreundschaft  Christian Gottfried Körners (1756-1831).

Schillers Verbindung mit Goethe leitete seine dritte Schaffensphase ein (1794-1805) und führte den „Olympier“  zur lyrischen und dramatischen Produktion. Zunächst wurde noch die poetologische Abhandlung „Über naive und sentimentalische Dichtung“, 1795/96, abgeschlossen, eine persönliche und historische Standortbestimmung des modernen Dichters. Sie erschien, wie zuvor die Ästhetischen Briefe , in Schillers neuem Journal „Die Horen“, 1795-97, dem literarischen Organ des Weimarer Kreises. Daneben gab Schiller seit 1796 den „Musenalmanach“ heraus, bis 1800, der vor allem durch die „Xenien-„, 1797, und den Balladen-Jahrgang , 1798, Aufsehen erregte. Auch in der Lyrik fand Schiller „nach den wilden Produkten eines jugendlichen Dilettantismus“ zu der ihm eigentümlichen Großform philosophischer Gedichte, Elegien und Lieder, „die das Werk einer reiferen Einsicht sind“. Zwischen 1786 und 1805 entstanden in rascher Folge die klassischen Dramen, vom „Wallenstein“, UA 1798/99, über „Maria Stuart“, 1800, „Die Jungfrau von Orleans“, 1801, und „Wilhelm Tell“ , 1804, bis zum Demetrius-Fragment. In ihnen wird Schiller zum Dramatiker der Geschichte. Er wollte „keine anderen als historische Stoffe wählen“, weil es für ihn leichter sei, „das Reale zu idealisieren“.
Nach geflügelten Worten aus Schillers umfangreichem Werk  kam der berühmte deutsche Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki mit einer Hommage an Schiller zu Wort. Schiller sei der Dichter der Freiheit und Jugend gewesen, ein engagierter Schriftsteller, der größte der deutschen Theaterautoren, er habe gezeigt, was die Bühne zu leisten imstande war. Reich-Ranicki habe dabei auch auf Schillers berühmte Schrift „Die Schaubühne als moralische Anstalt“ Bezug genommen. Die Beziehung zwischen Schiller und Goethe sei eine ideale Kombination bei aller Verschiedenheit gewesen, wie von Steegen aufschlussreich ausführte. Goethes Biograf Eckermann habe bei Schiller Verstöße gegen die Wahrheit der Natur entdeckt. Die philosophische Orientierung schade dessen Dichtung, die Idee gefährde die Natur.
„Schiller hat sich ein persönliches Theater-Idiom erfunden, unverwechselbar nach Tonfall, Gebärde und Melodie, sofort als das seine zu erkennen,- das glänzendste, rhetorisch packendste, das im Deutschen und vielleicht in der Welt je erfunden worden, eine Mischung von Reflexion und Affekt, des dramatischen Geistes so voll, dass es schwer ist seither, von der Bühne zu sprechen, ohne zu schillisieren“, wie Thomas Mann in seinem „Versuch über Schiller schrieb.
Andreas von Steegen rezitierte bei dieser eindrucksvollen Veranstaltung auswendig,  emphatisch, beherzt, engagiert, mit viel Pathos, Sentiment, Feuer, Leidenschaft, Hingabe und mit einer phantastischen Mimik und Gestik den Monolog des Franz Moor, den Monolog des Mortimer und „Die Bürgschaft“. Er ließ scheinbar verstaubte Gestalten wieder lebendig und Erinnerungen an die Schulzeit wach werden. Andreas von Steegen  präsentierte  außerdem augenzwinkernd das ironische, satirische, persiflierende, karikierende , humorvolle, ulkige und drollige Gedicht „Der Apfelschuss“ von Heinz Erhard. Auf Wunsch der Zuhörerinnen und Zuhörer rezitierte er auch einfühlsam, nuanciert und akzentuiert als Zugabe „Die Kraniche des Ibykus“, die Lieblingsballade Marcel Reich-Ranickis. Von Steegen zeigte bei diesem aufschlussreichen Event den Kontext zwischen politischen, historischen, ästhetischen und poetischen Faktoren auf.
Lucas Zink , Lübeck, begleitete von Steegen dabei virtuos und brillant mit dem Cajon, einem Rhythmus-Instrument aus Südamerika. „Schiller war jung und revolutionär in seiner Frühphase, ein Vertreter des „Sturm und Drang“, deshalb passt dieses Instrument durchaus“, so der Bad Schwartauer Schauspieler. „Ich liebe es, gerade Schillers Werk zu rezitieren und das geht- um der Gestaltung Raum zu geben- in freier Darbietung, das heißt auswendig“, so von Steegen.
Beide Künstler wurden schließlich mit sehr viel Beifall bedacht.